Lsbtiq* Personen werden in Sachsen Opfer von vorurteilsmotivierter Kriminalität bzw. Hasskriminalität. Dazu steht im Landesaktionsplan Vielfalt (2017) der Sächsischen Staatsregierung: „Nach den Richtlinien des KPMD-PMK werden politisch motivierte Straftaten der Hasskriminalität zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen eine Person wegen ihrer […] sexuellen Orientierung […] gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet.”
Das Problem: jedes Bundesland entscheidet selbst, wie es die Vorgabe für die Erfassung von Hassverbrechen umsetzt – und wie genau Gewalt gegen lsbtiq* Personen statistisch erfasst wird. Die KPMD-PMK-Statistik für Sachsen verzeichnet unter der Kategorie „sexuelle Orientierung“:
Nicht nur für Sachsen, auch für Deutschland insgesamt sind diese offiziellen Zahlen als irreführend einzuschätzen. Die Beratungsarbeit der Vereine im Netzwerk ließ und lässt vermuten, dass die Dunkelziffer von vorurteilsmotivierter Gewalt sehr hoch ist. Das genaue Ausmaß lässt sich aus methodischen Gründen nicht genau erheben, das Dunkelfeld sich durch Studien aber erhellen.
Für Sachsen gab es bis 2019 keine umfassenden Erhebungen oder exakte offizielle Statistiken. Anders als in anderen Bundesländern existierten bis 2019 im Freistaat keine spezialisierten Ansprechpersonen für lsbtiq* Personen bei der sächsischen Polizei. Auch VelsPol, das Mitarbeiternetzwerk für LSBT in Polizei, Justiz und Zoll, ist in Sachsen nicht mit einem eigenen Landesverband vertreten.
Mit Hilfe einer Crowdfunding Kampagne (Oktober–November 2018) konnten wir die erste wissenschaftliche Dunkelfeldstudie zu Gewalterfahrungen von LSBTTIQ* in Sachsen unabhängig ermöglichen.
Sie wurde durch unsere Fachstelle in Kooperation mit Prof.in Dr.in phil. Gudrun Ehlert und Prof.in Dr.in phil. Asiye Kaya der Fakultät Soziale Arbeit an der Hochschule Mittweida realisiert. Peggy Gruna (M.A. Soziale Arbeit) und Sabine Fraede (Dipl. Soziologin) führten die Konzeption des Fragebogens und die empirische Umsetzung bzw. Auswertung der Daten durch.
Was wir mit der Studie herausfinden wollten:
Die Ergebnisse zeigen, dass Gewalt gegen lsbtiq* Personen in Sachsen weiter verbreitet ist, als bisher offiziell bekannt.
Vertrauen in Polizei und Justiz und das Sicherheitsgefühl in Sachsen ist seitens von lsbtiq* Personen jedoch immer noch sehr gering. Auch werden nach wie vor zu wenige Gewalttaten angezeigt und damit nicht strafrechtlich verfolgt.
Die LAG Queeres Netzwerk Sachsen und die Polizei Sachsen bieten einen gemeinsamen Infoflyer zu Hasskriminalität gegen lsbtiq* Personen an. Ziele sind es, Anlaufstellen für Betroffene queere Menschen zu vermitteln, Vertrauen zwischen Communities und Polizei aufzubauen und die Anzeigebereitschaft bei queer-feindlichen Straftaten zu erhöhen. Der Flyer kann als PDF frei verfügbar hier heruntergeladen werden und liegt an vielen Stellen Beratungs- und Anlaufstellen für lsbtiq* Personen in Sachsen aus.