Positionierung zum sächsischen Erlass gegen geschlechtergerechte Sprache in Gesetzestexten

Mit der Reform des sächsischen Normerlasses vom 4. April 2025 streicht die Staatsregierung die bisherigen Sonderregelungen zur geschlechtergerechten Sprache aus Gesetzestexten. Die Begründung: Bürokratieabbau, Verständlichkeit und ein vermeintlicher „Normenstau“ durch komplizierte Formulierungen. Was auf den ersten Blick wie eine bloße Verwaltungsentscheidung erscheint, ist in Wahrheit ein erheblicher Rückschritt für Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsbestrebungen.

 

Rückschritt statt Fortschritt

Im Jahr 2020 wurde das generische Maskulinum aus sächsischen Gesetzestexten weitgehend ersetzt – allerdings nur durch eine zweigeschlechtliche Beidnennung, während nicht-binäre Personen weiterhin sprachlich ausgeschlossen blieben. Dennoch war dies ein erster Schritt hin zu mehr Gleichstellung. Mit dem aktuellen Erlass wird nun selbst dieser minimale Fortschritt wieder rückgängig gemacht.

Die Argumentation der Staatsregierung erscheint uns nicht schlüssig:

  • „Normenstau“ durch die Verwendung geschlechtergerechter Sprache? Es bleibt fraglich, inwiefern Gesetzesvorhaben aufgrund inklusiver Sprache verzögert wurden.
  • „Verständlichkeit für Bürger*innen und Wirtschaft“? Gesetzestexte sind von Natur aus komplex – es ist nicht ersichtlich, warum gerade geschlechtergerechte Sprache der Grund für dieses Problem sein soll.
  • „Bürokratieabbau“? Die Gleichstellung der Geschlechter ist keine unnötige Vorschrift, sondern ein verfassungsrechtlicher Grundsatz (Art. 3 GG), der auch mit sprachlichen Mitteln zum Ausdruck gebracht werden sollte.

Verfassungsrechtliche Bedenken

Die Streichung geschlechtergerechter Sprache steht im Widerspruch zu mehreren Grundrechten:

  • Artikel 3 GG: Schutz vor Diskriminierung und Recht auf Gleichberechtigung,
  • Artikel 2 & 1 GG: Achtung der geschlechtlichen Identität als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts,
  • Sächsische Verfassung, Artikel 8: Verpflichtung zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter.

Sprache ist mehr als Symbolik – sie spiegelt gesellschaftliche Werte wider. Wir sehen in der bewussten Streichung einen großen Rückschritt in der Gleichstellung der Geschlechter im Freistaat Sachsen.

 

Politische & gesellschaftliche Auswirkungen

Dieser Erlass ist kein isolierter Vorgang und reiht sich in einen breiteren gesellschaftlichen und politischen Backlash ein:

  • Seit 2023 sind bestimmte Formen geschlechtergerechter Sprache an Schulen, in der Verwaltung und an Hochschulen nicht mehr zulässig – die Abschaffung geschlechtergerechter Gesetzessprache sehen wir als eine konsequente Fortsetzung dieser Entwicklungen.
  • Rechtspopulistische Kräfte haben Geschlechtergerechtigkeit zu einem Feindbild erklärt. Der Erlass stärkt anti-emanzipatorische Diskurse und signalisiert, dass Gleichstellungspolitik rückgängig gemacht werden kann.
  • Ohne expliziten Schutz queerer Menschen im Grundgesetz bleibt Sprache eine der wenigen Möglichkeiten, gesellschaftliche Vielfalt sichtbar zu machen.

Fazit: Ein fragwürdiges Signal

Alexander Bahr, Vertreter des Gerede e.V. Dresden im Vorstand der LAG Queeres Netzwerk Sachsen, betont: „Die Streichung geschlechtergerechter Sprache ist mehr als eine reine sprachliche Anpassung – sie ist ein fragwürdiges Signal für die Gleichberechtigung. Sie reiht sich ein in eine Scheindebatte, die unter dem Deckmantel von Bürokratieabbau und Verständlichkeit den Diskurs um Geschlechtergerechtigkeit verzerrt. Sprache prägt und repräsentiert Realität – und kann damit zu einer offenen, diversen Gesellschaft beitragen.“

Wir fordern eine klare politische Reaktion: die Wiederaufnahme der sächsischen Sonderregeln für eine geschlechtergerechte Sprache in den Normerlass und ein klares Bekenntnis zur sprachlichen Gleichstellung aller Geschlechter durch die sächsische Landesregierung.

 

Geschlechtergerechte Sprache ist kein Luxus, sondern ein wichtiges Mittel für die Repräsentanz aller Geschlechter.

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